Zuchtprogramm: Junger Luchs zieht nach Bad Harzburg

Der Nationalpark Harz beteiligt sich an einem europäischen Erhaltungszuchtprogramm.

In der kommenden Woche zieht ein junges Luchsmännchen aus dem Tiergarten Nürnberg in das große Freigehege des Nationalparks Harz an der Rabenklippe ein.
In der kommenden Woche zieht ein junges Luchsmännchen aus dem Tiergarten Nürnberg in das große Freigehege des Nationalparks Harz an der Rabenklippe ein. | Foto: Tom Burger / TGN

Bad Harzburg. Die Nationalparkverwaltung Harz wird sich an einem internationalen Erhaltungszuchtprogramm für Luchse beteiligen und stellt dafür ihr großes und naturnahes Gehege an der Rabenklippe bei Bad Harzburg zur Verfügung. Im Rahmen dieses sogenannten Ex-situ-Programms werden vom Europäischen Zooverband EAZA – koordiniert durch die Zuchtbuchführerin im Tierpark Bern – geeignete Zuchtpaare zusammengestellt. Darüber berichtet der Nationalpark Harz in einer Pressemitteilung.



Ein solches Zuchtpaar wird dann auch im Gehege des Nationalparks gehalten. Der Luchs-Nachwuchs soll an Artenschutzprojekte zur Auswilderung abgegeben oder innerhalb des Zuchtprogramms weiter verpaart werden. Auch der Deutsche Wildgehegeverband e.V., die IUCN Cat Specialist Group und zahlreiche Luchsexperten aus dem In- und Ausland haben ihre Erfahrungen zusammengetragen, um Anforderungen an die Aufzuchtbedingungen solcher Tiere zu formulieren.

Im September 2022 musste die 17-jährige Luchsin Pamina, die im Freigehege des Nationalparks Harz an der Rabenklippe gelebt hat, eingeschläfert werden. Seither stand deren Gehege leer oder wurde von den drei übrigen Luchsen Alice, Ellen und Paul mitgenutzt. Die drei werden sich nun wieder einschränken müssen: Am 21. Mai werden sie einen neuen Nachbarn erhalten. Dann nämlich zieht ein junges Luchsmännchen aus dem Tiergarten Nürnberg in Paminas früheres Gehege ein. Der junge Kuder ist für die Zucht vorgesehen. Bald soll dann auch ein Weibchen folgen. Ein passendes Tier steht aktuell noch nicht zur Verfügung, es wird vermutlich erst in diesem Mai oder Juni in einem Zoo oder Wildpark zur Welt kommen.

Basis einer vitalen Luchspopulation


Nationalparkleiter Dr. Roland Pietsch ist hoch erfreut über die Möglichkeit, dass sich das Harzer Großschutzgebiet als Ursprung des so erfolgreichen Wiederansiedelungsprojektes nun an dem europäischen Erhaltungszuchtprogramm beteiligen kann: „Das Wiederansiedlungsprojekt im Harz ist Basis einer vitalen Luchspopulation, die sich inzwischen weit über den Harz hinaus ausgebreitet hat. Doch dieser Erfolg kann kein Grund sein, sich zurückzulehnen – im Gegenteil: Der Luchs braucht weitere Unterstützung. Um den Erfolg der Wiederansiedlung im Harz und ähnlicher Projekte in West- und Mitteleuropa zu sichern, sind Maßnahmen erforderlich. Das Zuchtprogramm kann ein überlebenswichtiger Beitrag sein, um diese herrlichen Katzen dauerhaft in Mitteleuropa zu erhalten. Denn dadurch kann deren erneutes Aussterben infolge von Inzucht verhindert werden.“

Lange Zeit hat der Nationalpark Harz ganz bewusst auf die Nachzucht von Luchsen verzichtet, um nicht gezwungen zu sein, in jedem Jahr überzählige Tiere in gute Hände vermitteln zu müssen. Im vergangenen Mai zeigten die Ergebnisse einer mehrtägigen Konferenz in Wöltigerode am Harz, an der sich Luchsexperten aus zahlreichen europäischen Ländern beteiligten, jedoch sehr deutlich, dass dringender Handlungsbedarf besteht, wenn man den Luchs in Mitteleuropa über die kommenden Jahrzehnte hinaus erhalten will. „Artenschutz ist eine der Aufgaben moderner Zoos. Umso mehr freuen wir uns, dass wir einen der bei uns im Tiergarten Nürnberg geborenen Kuder jetzt zur Zucht an den Nationalpark Harz abgeben und wir so einen weiteren Beitrag zum Erhalt Europas größter Katzenart leisten können“, sagt Jörg Beckmann, Biologischer Leiter und stellvertretender Direktor des Tiergartens Nürnberg, der den Luchs selbst in den Nationalpark Harz bringen wird.

Genetische Verbindung erforderlich


Die allesamt relativ kleinen und isolierten mitteleuropäischen Luchspopulationen sind derzeit vor allem durch fortschreitende Inzuchtprozesse gefährdet. Die noch recht junge Harzer Luchspopulation weist zwar derzeit noch unkritische Inzuchtparameter auf, eine sinkende genetische Variabilität ist aber bereits nachweisbar. Dem könnte vor allem eine genetische Verbindung der Harzluchse mit anderen Luchspopulationen entgegenwirken. Derzeit plant Thüringen ein Wiederansiedlungsprojekt für den Luchs im Thüringer Wald. Im Rahmen eines weiteren Projektes wurden bereits die ersten drei Individuen im Westerzgebirge (Sachsen) ausgewildert. Beide Gebiete bieten aufgrund der geografischen Nähe ein hohes Potenzial für eine absehbare Vernetzung der neu entstehenden Vorkommen mit der Harzer Luchspopulation.

Auch wenn in Slowenien, Kroatien und Italien ein Bestandstützungsprojekt der Dinarischen Luchspopulation gerade erfolgreich abgeschlossen wurde, ist absehbar, dass auch in anderen Ländern in der Zukunft Bedarf an Luchsen besteht, die für Auswilderungen geeignet sind. Die Beschaffung solcher Tiere ist jedoch nicht einfach, da sie entweder im Freiland gefangen oder in großen Gehegen mit möglichst wenig direktem Kontakt zu Menschen aufwachsen müssen. Nur wenige Tierparks und Zoos wie der Tiergarten Nürnberg haben entsprechende Gehegeanlagen zur Verfügung. Der Nationalpark Harz hat eines der größten derartigen Gehege in Deutschland. Einige notwendige Ergänzungen an der Harzer Gehegeanlage werden voraussichtlich im Sommer / Herbst 2024 fertiggestellt. Vorbereitende Planungen der Arbeiten sind im Gange.

Weitere Informationen zum Harzer Luchsprojekt gibt es auf der Internetseite des Nationalparks Harz unter www.luchsprojekt-harz.de/


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